Auf “See” – Mit 103

Im September habe ich mein Buch über einen 103jährigen Hilfskreuzermatrosen vorgestellt und angekündigt, dass ihm mit den Einnahmen durch seine Signaturen eine Bootsfahrt am Bodensee ermöglicht wird. Inzwischen war es nun so weit und bei schönem Wetter wurde auf dem “Schwäbischen Meer” in See gestochen.

Mit einem ehemaligen KdF Schiff (Bj1936) ging es von Lindau über Bregenz, bis an die Rheinmündung. Für Herrn P., dessen Augenlicht im 104. Lebensjahr leider fast verschlossen ist, war es ein großes Erlebnis und was er an Sehenswürdigkeiten nicht erkennen konnte, haben wir ihm während der Fahrt beschrieben. Noch einmal das Schlingern des Schiffes spüren, dem Stampfen der Maschinen lauschen und den Fahrtwind in den Haaren wahrnehmen. Seine möglicherweise letzte Dampferfahrt und ein würdiger Abschluss einer Seefahrerkarriere. Inmitten der Scharen von Touristen ein alter Mann, der mit einer Bootsfahrt weit mehr verbinden mag, als einen gewöhnlichen Sonntagsausflug.

Nachdenklich schritt er an der Reling entlang und blickte auf die Wellen. Verdammte See! Soviele junge Kameraden hatte das Meer damals verschlungen. Der Tod auf See, fast hätte er ihn selbst ereilt, als er damals 1944 nach einem Torpedotreffer mit gebrochener Wirbelsäule regungslos auf dem Deck des sinkenden Schiffes lag. Nicht nur einen Schutzengel mag er gehabt haben, denn die erste Woge spülte ihn zu einem Rettungsfloß.

Auch die Erinnerungen an das halbe Dutzend Seegefechte blieben noch überaus präsent. Lebhaft schilderte er die Gefechte, als bei teils tropischer Hitze an der 15 cm Kanone körperliche Schwerstarbeit verrichtet wurde. Hektische Bewegungen, beißender Pulverdampf, dröhnender Lärm und dazwischen das Donnern der Salven blieben ihm unvergesslich.

P. hatte großes Glück den Krieg, in den er nie ziehen wollte, zu überleben. Seine Zeit bei der Kriegsmarine blieb Jahrzehnte vergessen, auch weil sich schlichtweg niemand in seinem Umfeld dafür interessierte. Nun im biblischen Alter von 103 Jahren hat er seine Jugend nochmals Revue passieren lassen. Es ist die Geschichte eines Jugendlichen, die von den oppositionellen evangelischen Strukturen Berlins bis an Bord eines Hilfskreuzers im Südatlantik reicht.

Da uns noch zahlreiche Nachrichten erreicht haben, hat er P. für interessierte Leser Autogrammkarten mit einer Fotografie seines Hilfskreuzers unterschrieben, die wir gegen einen kleinen Aufpreis den Büchern beilegen. Solange der Vorrat reicht!