Pottenstein mit seiner zerklüfteten Juralandschaft ist als Ausflugsziel weit über die Grenzen der Fränkischen Schweiz hinweg bekannt. Eine Sommerrodelbahn und andere Freizeitaktivtäten ziehen jährlich tausende Besucher in das kleine fränkische Städtchen. Nur wenigen Touristen dürfte bekannt sein, dass sich in unmittelbarer Nähe der heutigen Attraktionen ein Ausbildungszentrum der Waffen-SS befunden hat. Unter der Leitung von SS-Standartenführer Hans Brand entstand auf dem Hochplateau am Bernitz im dritten Kriegsjahr ein Barackenlager, welches zeitweise mehrere hundert Soldaten beherbergte. Als Eliteeinheit für die Bandenbekämpfung vorgesehen, wurde in Pottenstein das Karstwehr-Bataillon geformt. Die umliegenden Karstformationen bildeten die idealen Voraussetzungen zur Ausbildung geübterer Gebirgsjäger. Das Bataillon, 1944 zur 24. SS-Division umgegliedert, kam an der Südfront erstmalig zum Einsatz. Der Standort Pottenstein verlor zunehmend an Bedeutung, da eine zeitintensive Gebirgsausbildung aufgrund der damals kritischen Gesamtsituation als überflüssig erschien. Ein SS-Nachrichten-Regiment aus Nürnberg zog am Bernitz unter und nutzte fortan das Gelände. Als sich im April 1945 amerikanische Truppen Pottenstein näherten, entbrannten zwar kürzere Gefechte mit zurückweichenden deutschen Soldaten, von einer geordneten Verteidigung Pottensteins lässt sich allerdings nicht sprechen. Ein Großteil der in Pottenstein stationierten Waffen-SS-Soldaten wanderten noch vor Eintreffen der Amerikaner ab, lediglich eine kleine, zurückgebliebene Truppe zog sich in umliegende Felsformationen und Höhlen zurück und wartete das Kriegsende ab.
Ob und wie lange sich die Amerikaner in Pottenstein aufhielten, ist nicht bekannt. Zumindest schien seitens der Besatzungstruppen kein großes Interesse an dem verlassenen Ausbildungsgelände zu bestehen. Bei einer Besichtigung des Geländes fand sich am Eingang einer Höhle in einiger Entfernung zum Barackenlager das silberne Armband eines Soldaten. Es war mir zunächst unklar, wo dieses zeitlich zu datieren war. Identifikationsarmbänder wurden bei den US-Truppen auch nach dem Krieg noch verwendet und so wäre es auch denkbar gewesen, dass das Armband bei einer Militärübung oder dergleichen verloren ging.
Über Facebook konnte Kontakt zu Uwe Benkel von der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung aufgenommen werden. Das Armband wurde eingesendet und die Suche nach möglichen Angehörigen begann. Es ließ sich schließlich mit Hilfe des US-Außenministeriums ein Enkel ausfindig machen, welcher als Mitarbeiter des State Departments derzeit in der amerikanischen Botschaft in London angestellt war. Dank Konrad Braun aus New York konnte eine Rückgabe des Armbands an die Familie ermöglicht werden.
Wie sich herausstellte hatte Mr. Eggleston den Krieg überlebt und nach seiner Rückkehr in die Staaten an der Cornell University studiert. Es bleibt zu vermuten, dass Eggleston als Soldat an der Einnahme und/oder Besetzung Pottensteins beteiligt war und das Armband während einer Besichtigung des SS-Standortes verloren hatte.
Adrian Matthes, Erlangen, März 2020
Claud Eggleston als US-Soldat in Pottenstein